23. April 2024
2016-2019Bad Lauterberg

Haus des Gastes: Rechenaufgabe für den Stadtrat

BAD LAUTERBERG  Bad Lauterberger Verwaltung nennt vier Teilsummen für das Umbauprojekt. Im Stadtrat herrschte Unverständnis über die Angaben der Verwaltung.

Das Thema, das in der Sitzung des Stadtrates am Dienstag für die größte Diskussion sorgte, waren die Kosten für den Umbau des Haus des Gastes, in das die Verwaltung umziehen soll. Unsere Zeitung hatte berichtet, dass die tatsächlichen Kosten für dieses Projekt offenbar erheblich höher sind, als vom Rat bewilligt. Wählergruppe im Rat und CDU hatten daraufhin die Offenlegung aller Kosten der Umbau- und Umzugsmaßnahmen für das Haus des Gastes beantragt. Das tat die Verwaltung dann auch, vermied es dabei jedoch, eine Gesamtsumme zu nennen.

Den Ratsleuten wurde eine Aufstellung präsentiert, die sich in drei Kategorien gliederte: Investive Maßnahmen in Höhe von 321 786 Euro, Unterhaltungskosten, nochmals aufgeteilt in Kosten für Instandsetzung in Höhe von 250 686 Euro und umzugsbedingte Kosten von 180 610 Euro, sowie Kosten für die Unterhaltung des Kurbetriebs über 129 000 Euro. Außerdem nannte die Verwaltung „noch zu erwartende Kosten“ in Höhe von 61 981 Euro für die Baumaßnahme und weitere 15 000 Euro für die Unterhaltung des Gebäudes.„Wir haben den Haushalt geplündert und alles ins Haus des Gastes gesteckt. Wenn das so geplant war, ist es böswillig.“Horst Tichy, CDU-Fraktionsvorsitzender, in der Diskussion über die Zahlen

Ratlosigkeit über Interpretation

Darüber, wie diese Zahlen nun zu lesen sind und wie daraus eine Gesamtsumme für das Bauprojekt zu bilden ist, herrschte unter den Ratsleuten einige Ratlosigkeit und es wurden verschiedene Interpretationsvorschläge vorgetragen. Die Erläuterungen von Bauamtsleiterin Annette Gödecke und Kämmerer Steffen Ahrenhold waren dabei wenig hilfreich, zumal der Kämmer es trotz mehrfacher Nachfrage vermied, selbst eine Gesamtsumme zu nennen. Fritz Vokuhl (WgiR) sagte zu Ahrenholds Ausführungen: „Ich habe kein Wort verstanden. Und ich bin seit Jahrzehnten im Finanzausschuss. Was kommt da für eine Summe heraus?“

Die einzige konkrete Hilfestellung, die Ahrenhold zu der Rechenaufgabe leistete, war die Aussage: Man könne die Punkte 1 und 3 zusammenrechnen. Das wären 502 396 Euro – rund 117 000 Euro mehr, als die vom Rat bewilligte Summe. CDU-Fraktionschef Horst Tichy fand die Aufteilung der Kosten in vier Einzelpositionen wenig überzeugend und bildete stattdessen eine Gesamtsumme: „Die Gesamtkosten, die wir im Haus des Gastes versenkt haben, sind 950 000 Euro.“

Dr. Reiner Schenk von den Grünen schien die Zahlen nachvollziehbar zu finden: „Der eine oder andere hier braucht etwas Nachhilfe in Haushaltsrecht“, stellte er fest. „380 000 Euro wurden beschlossen für investive Maßnahmen. Ausgegeben haben wir 321 000 Euro, das kommt also hin.“

Die genannten Unterhaltungskosten seien doch genau dafür im Haushalt vorgesehen. Und die Summen für Instandsetzungen und Kurbetrieb gehörten seiner Meinung nach überhaupt nicht in die Aufstellung. „Bleiben als Streitpunkt 180 000 Euro.“ Dies ist die von der Verwaltung angegebene Summe für „umzugsbedingte Unterhaltungskosten“. Diese Kosten seien „vorgezogen, weil wir jetzt umziehen wollen.“ Der Umzug koste somit eine halbe Million Euro, bilanzierte er.

560000 Euro Nebenkosten

Die übrigen Ratsmitglieder schienen von dieser Lesart jedoch wenig überzeugt, Fritz Vokuhl war regelrecht aufgebracht über die Belehrung durch seinen Parteifreund, der aber nicht der Wählergruppe angehört. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Horst Tichy erklärte: „Es ist wenig zielführend, wenn wir sagen, wir stellen 380 000 Euro als Invest bereit und erfahren hinterher, es kommen noch 560 000 Euro dazu, das sind Nebenkosten, die stehen haushaltsrechtlich zur Verfügung. Die Verwaltung lockt uns einen Beschluss heraus, und dann kommen 560 000 Euro dazu, die sind egal.“

Er bezog sich damit auf die schwer nachzuvollziehenden Ausführungen von Kämmerer Ahrenhold und Bauamtsleiterin Gödecke zur Kostenaufstellung. Gödecke sprach etwa von „umzugsbedingten Kosten, die sich ergeben haben“, Ahrenhold sagte: „Im Kurbetrieb steckt viel drin, was sich später ergeben hat.“ Diese Ausgaben seien umsatzsteuerpflichtig. Als das Bauprojekt geplant wurde, habe man laut Kämmerer versucht, „die Kosten mit dem Haushalt in Einklang zu bringen“. Zu den von ihm angewandten „haushaltsrechtlichen Unterscheidungen“ erklärte er: „Wenn wir etwas Neues schaffen, ist das investiv, neues Vermögen.“ Etwas anderes seien Unterhaltungskosten, „die entstehen, weil wir das Rathaus verlegen wollen“. Neue Fußböden sind nach dieser Lesart offenbar „umzugsbedingte Unterhaltungskosten“, nicht etwa eine Investition.

Kein Wort verstanden

Fritz Vokuhl stellte nach Ahrenholds Vortrag lapidar fest, er habe davon „kein Wort verstanden“. Vokuhl: „Wir haben gefragt: Welche Kosten entstehen, was für eine Gesamtsumme? Muss man die Teilsummen addieren? Es muss doch möglich sein, eine Antwort zu bekommen. Von welcher Gesamtsumme sprechen wir?“ Daraufhin gab Ahrenhold zumindest einen Tipp: „Sie können die erste und dritte Zeile zusammenrechnen.“ Vokuhl stellte fest: „Zumindest sind es mehr als 380 000 Euro.“ Diese Summe hatte der Rat bewilligt. Harald Liebau von der Wählergruppe fragte dann noch einmal nach, welche Gesamtsumme korrekt sei, es gehe ja darum, dass eventuell etwas anderes bewilligt wurde. Doch Ahrenhold gab sich begriffsstutzig: „Ich verstehe Ihre Frage nicht.“

Darauf meldete sich erneut Tichy zu Wort: „Herr Ahrenhold, die Frage kann man schon verstehen. Wir wissen, dass das Haus des Gastes eine alte Bude war und wir wissen auch, dass wir in jeden Haushalt Positionen für den Unterhalt der öffentlichen Gebäude einstellen. Und der Brandschutz im Haus des Gastes stammt aus den 1960er Jahren.“ Aber dem Rat sei eine Kostenschätzung vorgelegt worden über ein Invest in Höhe von 380 000 Euro und es habe geheißen, damit könne man umziehen. Dem Rat sei aber nicht eröffnet worden, auf welche weiteren Kosten darüber hinaus er sich einstellen müsse.

„Es ist mehrfach nachgefragt worden: Wird es teurer?“, erinnerte Tichy. Die Investitionssumme mag eingehalten worden sein, „was da noch draufkommt, Brandschutz, Unterhaltungsmaßnahmen, das erhöht die Kosten. Es hat dann nicht 380 000 Euro gekostet, sondern vermutlich 950 000 Euro.“

Achim Sommerfeld von der Wählergruppe interpretierte statt der Kostenaufstellung selbst die vermutliche Intention der Verwaltung: „Wie wir das auseinanderklamüsern, ist mumpe. Das Ding muss hinterher bezahlt werden. Hier ist eine große Summe einfach ein bisschen klein gemacht worden, damit es nicht so doll aussieht.“

Horst Tichy scherzte: „Wenn wir noch ein bisschen weiter diskutieren, kriegen wir hinterher noch was raus.“ Dann stellte der CDU-Fraktionschef jedoch fest: „Wir haben den Haushalt geplündert und alles ins Haus des Gastes gesteckt. Wenn das so geplant war, ist es böswillig.“

Geheimniskrämerei

Fritz Vokuhl warf der Verwaltung Geheimniskrämerei vor: „Was fehlt, ist Transparenz. Bei der letzten Sitzung wurde gefragt: Bleibt es bei den Kosten? Es hat keiner was gesagt. Uns richtig zu informieren, ist Aufgabe der Verwaltung, damit wir richtig beraten können.“

Steffen Ahrenhold machte schließlich noch eine weitere interpretationsfähige Aussage: „Wenn man es wie Herr Tichy begründet, kann man sagen: Das war von langer Hand geplant. Wir sind immer offen damit umgegangen.“ Vieles falle erst dann auf, wenn man die Wände aufmacht.

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